Schadstoffe aus den eigenen vier Wänden aussperren
Der Bauherren Schutzbund informiert über Schadstoffe in der Umgebung.
Ratgeber „Gesundes Bauen und Wohnen“
Menschen in hochindustrialisierten Ländern Europas halten sich bis zu 90 Prozent des Tages in geschlossenen Räumen auf. Daher ist die Qualität der gebauten Wohn- und Arbeitsumgebung
von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlbefinden. Ebenso wichtig ist das regelmäßige und richtige Lüften der bewohnten Innenräume, um zu hohe Luftfeuchten und mögliche Schadstoffbelastungen zu verringern.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen Verunreinigungen und Schadstoffe in der Innenraumluft können zu Unwohlsein, Beschwerden und Krankheitssymptomen führen.
Vor allem Schwangere, Kinder, Allergiker, ältere Menschen und Menschen mit schwachem Immunsystem leiden bei schadstoffbelasteter Innenraumluft oft unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Zu den typischen Beschwerden zählen u.a. Kopfschmerzen,Schwindelgefühle und Abgeschlagenheit. Eine weitere Folge ist die steigende Anzahl von Allergien. Allergische Erkrankungen gehören zu den maßgeblichen Gesundheitsproblemen der Länder mit „westlich“ geprägtem Lebensstil.
Einfluss von Baustoffen
Die Innenraumluft enthält in der Regel ein breites Spektrum an anorganischen und organischen Verbindungen, Stäuben und Fasern. Diese sind in gewissem Maß auf die Bewohner und deren
Aktivitäten (z.B. Rauchen, Kochen, Waschen) zurückzuführen,hauptsächlich aber auf die verwendeten Baustoffe und Inneneinrichtungen. Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass bei den
in der Vergangenheit verwendeten Produkten keine Grenzwerte für die Emission von Schadstoffen existierten oder noch nicht bekannt war, dass eine Gefahr von den Inhaltsstoffen ausgehen
kann. In diesem Zusammenhang sind vor allem Holzschutzmittel,Anstriche und Beschichtungen, Klebstoffe und Faserprodukte zu nennen.
Einfluss der Heizung
Schadstoffe lagern sich im Hausstaub ab. Da Heizkörper und Fußbodenheizung starke Luftbewegung im Raum verursachen, wird der Hausstaub in der Luft verteilt und gelangt über die Atemwege
in den Organismus. Wandheizung, Fußleistenheizung und andere Strahlungsheizungen, die die Wärme vorwiegend horizontal abstrahlen, erzeugen keine Luftbewegung im Raum, sodass der
Hausstaub viel weniger aufgewirbelt und eingeatmet wird.
Innenraumbelastungen
Auf die Menschen in den Industrieländern wirkt täglich eine Vielzahl von Schadstoffen ein. Schon geringe Konzentrationen von (Luft-)Schadstoffen können Krankheiten auslösen oder begünstigen. Dabei kann eine gesundheitsschädliche Konzentration auch unter einer wahrnehmbaren Geruchsschwelle liegen. Ein gesundes Innenraumklima hängt daher ganz wesentlich vom Einsatz schadstoffarmer oder schadstofffreier Baustoffe und Inneneinrichtungen ab. So genannte Innenraumbelastungen können also vor allem auffolgende Ursachen zurückgeführt werden:
• Vorhandensein von Schadstoffen (in gewissen Mengen) in der Innenraumluft
• Vorhandensein von Fasern und Stäuben (in gewissen Mengen)in der Innenraumluft
Schadstoffe
Zu den wichtigsten Schadstoffen in der Luft zählen v.a. leicht flüchtige und mittelflüchtige organische Verbindungen (bekannt als VOC und SVOC).
Zu den leichtflüchtigen organischen Verbindungen (VOC) gehören z.B. Lösungsmittel und Formaldehyd.
• Lösungsmittel sind Substanzen, die andere Stoffe lösen oder verdünnen, ohne diese chemisch zu verändern. Sie finden u.a.Verwendung in Klebstoffen, Farben und Lacken. Lösungsmittel
verflüchtigen sich schnell während der Trocknungsphase und belasten dadurch die Innenraumluft. Verschiedene Lösungsmittel stehen sogar in begründetem Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung (z.B. Xylol, Toluol).
Formaldehyd wird hauptsächlich als Bindemittel bei der Herstellung von Holzwerkstoffen (z.B. Spanplatten) verwendet. Es findet sich außerdem in Farben, Lacken, Klebstoffen, Leimen
und Ortschäumen. Formaldehyd wirkt stark reizend auf Augen und Schleimhäute, kann zu Kopfschmerzen und Übelkeit führen und steht im begründeten Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung. Für Spanplatten gilt deshalb die Emissionsklasse E1 (< 0,1 ppm). Seit 1989 dürfen formaldehydhaltige Holzwerkstoffe nur noch in dieser Qualität verkauft werden.
Als Alternative können formaldehydfreie Spanplatten mit der Bezeichnung F0 (0,05 ppm) eingesetzt werden, die ohne formaldehydhaltige Bindemittel hergestellt werden.
Zu den mittel- und schwerflüchtigen organischen Verbindungen (SVOC) gehören Stoffe, die sowohl frei als auch staubgebunden vorliegen können. Hierzu zählen z.B. Biozide, Weichmacher
und Flammschutzmittel.
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Biozide Sind alle chemischen Substanzen, die als Giftstoff zur Bekämpfung von lebenden Organismen eingesetzt werden.Biozide, wie Insektizide (wirksam gegen Insekten) und Fungizide (wirksam gegen Pilze) zählen zu den Schädlingsbekämpfungsmitteln. Wichtige Einzelstoffe sind z.B. die Insektizide Lindan (v.a. in Holzschutzmitteln) und Permethrin (z.B. in Wollteppichen) sowie das Fungizid PCP (v.a. in Holzschutzmitteln). Viele Biozide sind für den Menschen gesundheitsgefährdend und problematisch für Natur und Umwelt (z.B. in Holzschutzmitteln und Fassadenbeschichtungen). Auf den Einsatz der meisten Biozide kann verzichtet werden.
Weichmacher sind chemische Zusätze, mit denen spröde Materialien weich oder biegsam gemacht werden können. Sie sind v.a. enthalten in elastischen Fußbodenbelägen (PVC-Beläge), aber auch in Tapeten (Strukturvinyltapeten), Anstrichmitteln (Dispersionsfarben) und Elektroleitungen. Weichmacher können während der Nutzung wieder aus den Materialien entweichen und sich schnell an Oberflächen (z.B. Hausstaub, Tapeten, Gardinen) anlagern. Dadurch kann es zu einer für die Innenraumbelastung bedeutsamen Anreicherung von Schadstoffen kommen. Die enthaltenen Weichmacher findet man in den Angaben zu den Inhaltsstoffen, z.B. unter der Abkürzung DEHP.
Flammschutzmittel sind Stoffe, die Holz, Holzwerkstoffe,Dämmstoffe, Kunststoffe und Textilien flammfest bzw. flammhemmend machen. Vor allem die Flammschutzmittel in Montageschäumen und in Dämmstoffen aus Polystyrol sind z.T. giftig und krebserzeugend. Die enthaltenen Flammschutzmittel findet man in den Angaben zu den Inhaltsstoffen, z.B. unter den Abkürzungen TCPP, TCEP und HBCD.
Fasern und Stäube
Die in Altbauten als Dämmstoff verwendeten künstlichen Mineralfasern (KMF oder Mineralwolle) sind überwiegend nicht luftdicht eingebaut. Dämmstoffe dieser Produktgruppe können Faserstäube in die Raumluft abgeben, die in der Lunge möglicherweise krebserzeugend wirken. Vorübergehende Beschwerden wie Reizungen der Haut (Juckreiz), der Atemwege und der Augen durch faserhaltige Stäube oder Bruchstücke können auftreten. Der Ausbau „alter“ KMF sollte daher immer von einem Fachbetrieb ausgeführt werden. Auch das Einatmen faserhaltiger Stäube „neuer“ KMF kann zu ähnlichen Gesundheitsschäden führen, v.a. während des Einbaus. Beim Einbau ist auch darauf zu achten, dass keine Fasern in die Innenräume gelangen. Dies lässt sich z.B.
durch eine dauerhaft luftdichte Trennung durch Folien oder Plattenbekleidungen erreichen.
Gütesiegel
Gütesiegel für nachhaltige Bauprodukte und Wohngesundheit werden im Hinblick auf die Erhöhung der Qualität des Bauens immer wichtiger. Zahlreiche Siegel basieren auf der Grundlage
klarer Qualitätsstandards und der Trägerschaft unabhängiger Institutionen. Hierzu zählen u.a. die Umweltzeichen „Der BlaueEngel“ und „natureplus“, das „IBR-Prüfsiegel“ vom Institut für Baubiologie Rosenheim GmbH und das Bewertungssystem „Nachhaltiger Kleinwohnhausbau (BNK)“ vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).
Produkte, denen diese Siegel verliehen werden, dienen der schadstofffreien Innenraumluft und damit der Wohngesundheit der Bewohner. Zudem steigern Gebäude, die die entsprechen
den Kriterien für gesundes Wohnen erfüllen, nachhaltig den Marktwert.
WICHTIGE TIPPS FÜR GESUNDES BAUEN UND WOHNEN
Planung
• Aufstellung einer Baustoffliste für einen nachhaltigen und wohngesunden Neubau bzw. für eine nachhaltige und wohngesunde Modernisierung
• Prüfung von nachhaltigen und wohngesunden Baukonstruktionen
• Beurteilung von Schadstoffen im Baubestand Ausführung
• Einbau / Verwendung schadstoffarmer bzw. -freier Baustoffe
• Qualitätssicherung auf der Baustelle
• Freimessung nach Beendigung der Neubau- oder Sanierungsarbeiten Nutzung
• Regelmäßiges und richtiges Lüften
• Auswahl schadstoffarmer bzw. -freier Einrichtungsgegenstände (z.B. Möbel, Bodenbeläge, Farben)
• Weitgehender Verzicht auf chemische Reinigungsmittel
• Staubsauger mit Feinfiltern verwenden bzw. feucht reinigen
Wer hilft weiter?
BSB-Ratgeber Gesund Wohnen – Schadstoffe erkennen und vermeiden:
www.bsb-ev.de
Umweltbundesamt:
www.umweltbundesamt.de
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit:
www.nachhaltigesbauen.de
Institut für Baubiologie und Nachhaltigkeit IBN:
www.baubiologie.de
Gütesiegel:
www.blauer-engel.de/de
www.natureplus.org
baubiologie-ibr.de
Weitere Informationen unter www.bsb-ev.de
Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.