Aus dem Jahr 1928
Die Bedeutung der Handwerkslehre die gesetzlichen Bestimmungen über Lehrverhältnisse und Lehrlings Wesen. Die Lehre im Maler und Lackiererhandwerk. Das Lehrbuch des Maler und Lackiererhandwerks sein Inhalt und sein Zweck.
Die Bedeutung der Handwerkslehre.
Handwerksarbeit muss gelernt sein.
Handwerksarbeit ist nicht nur Werk der Hand, nicht nur Geschicklichkeit, die durch Übung zu erwerben ist.
Die Hand muss geleitet werden durch Verständnis für richtige, dem Zweck gemäße Arbeit und durch das Gefühl für gute, saubere und schöne Arbeit. Handwerksarbeit erlernen heißt: Verständnis gewinnen für richtige, zweckmäßige Arbeit und Gefühl gewinnen für schöne, wertvolle Arbeit.
Erziehung zum Arbeits- Verständnis und Erziehung zum Gefühl für Wertarbeit in erster Linie und dann Erziehung zur Arbeit Geschicklichkeit in zweiter Linie sind der Inhalt der Handwerkslehre. Schulung des Geistes, des Verstandes und des Gefühls in erster Linie, Schulung der Hand in zweiter Linie sind die Aufgabe des lernenden Handwerkers.
Darum: wer ein Handwerk erlernen will, muss einen klaren, lebhaften Geist haben und ein feines und lebendiges Gefühl. Dumpfe Köpfe und stumpfe Sinne Taugen nicht für das Handwerk. Richtige Handwerker ist der selbstständige Handwerker, der aus sich selbst weiß, wie er richtig und gut arbeitet, der Stolz ist, dass er keine Vormundschaft braucht, und dass er die Verantwortung selbst tragen muss und tragen kann. Mit dumpfen Kopf und stumpfsinnigen Sinn kann keiner so klug werden und so sicher im Gefühl, dass er selbstständig arbeiten kann. So schlecht veranlagte Menschen taugen nur für Arbeiten untergeordneter Art, wo sie gebunden und verantwortungslos der Umreifung anderer, klügerer, gebildeter Gehorchen müssen, nicht aber zur selbstständig Arbeit, zum freien Handwerk. Bildung ist das Wesen der Handwerkslehre, Bildung des Geistes und Ausbildung der Geschicklichkeit der Hand. Wer aber diese Bildung des Geistes nicht erwerben kann oder mag, der bleibe dem Handwerk fern!
Drei Stufen der Bildung gibt es in der Handwerkslehre. Der Lehrling auf der ersten Stufe soll lernen, kennenlernen, was die Arbeit seines Handwerks bedeutet, wie sie verrichtet wird, mit welchem Material und Handwerkszeug sie geleistet wird, wozu sie dient, wie sie richtig und wie sie schön gemacht wird. Sein Geist soll vorbereitet werden, sein Gefühl geweckt und geschult werden für gute und schöne Arbeit. Und mit dem Verständnis der Arbeit lernt er die Ausführung der Arbeit; die einzelnen Verrichtungen versucht er, erst unter Anleitung, später immer selbstständig, selbst auszuführen, und er wird es immer besser, immer richtiger, immer selbstständiger machen, je mehr er versteht und fühlt, warum er es so machen muss.
Der Gehilfe auf der zweiten Stufe soll helfen, soll mit arbeiten. Er muss schon wissen, wie er richtig und gut arbeitet, er hat schon gelernt zu arbeiten, aber er kann noch nicht allein, ohne Umreifung arbeiten und kann alleine seine Arbeit noch nicht verantworten.
Der Meister auf der dritten Stufe ist ganz selbstständig und frei er trägt die Verantwortung für die Arbeit, für ihre Richtigkeit und Güte. Er ist voll gebildet, Reich im Verständnis, sicher im Gefühl, er vertritt das Handwerk gegenüber dem Kunden, er weist die Arbeit das Gehirn an und überwacht sie, er leert den Lehrling.
So wird der Lehrling durch Schulung seines jungen Bildsamen Geistes, durch Umreifung und Übung in den Berichtigungen eingeführt in sein Handwerk. Am Ende seiner Lehrzeit soll er zeigen, dass er das richtige Arbeitsverständnis, das rechte Gefühl für Wertarbeit hat und alle Arbeit Verrichtungen kennt. So soll der Gehilfe durch seine weitere Tätigkeit sein Verständnis erweitern, sein Gefühl für Wertarbeit vertiefen und seine Arbeits- Geschicklichkeit verbessern, bis er selbstständig und gebildet genug ist, um als Meister das Handwerk allein zu vertreten und auf sich selbst zu stehen.
So bleibt der Lehrling in einem Betriebe, um unter Anleitung eines Meisters durch die Teilnahme an den Arbeitsgang im Betriebe, Art und Bedeutung der Handwerksarbeit genau kennen und verstehen zu lernen. So geht der Gehilfe vom Betrieb zu Betrieb, von Ort zu Ort, von Land zu Land, um die Kenntnisse, die er im Lehrbetrieb erworben hat, durch mannigfaltig wechselnde Erfahrungen zu erweitern und zu vertiefen. Der Meister aber begründet den eigenen Betrieb und führt ihn selbstständig auf eigene Rechnung und Gefahr, beschäftigt die Gehilfen und bildet die Lehrlinge aus und bürgt mit der Güte seiner Arbeiten und der Güte seiner Ausbildung der Lehrlinge für den Beruf nicht nur seines Betriebes, sondern seines ganzen Handwerks.