Spritzverfahren – HVLP, Niederdruck, Hochdruck, Airless

Hochdruck-Spritzverfahren

Funktionsweise: Der Kompressor erzeugt Druckluft (1 bis 14 bar), die über den Wasser- und Ölabscheider sowie durch den Druckluftschlauch über den Lufteingang zum Luftabsperrventil der Spritzpistole geleitet wird. Durch leichten Druck auf den Abzugsbügel wird die „Vorluft“ durch den Pistolenkörper geleitet. Bei stärkerem Druck auf den Abzugsbügel wird die Farbnadel zurückgezogen, dadurch das Spritzmaterial freigegeben, welches daraufhin vom Luftstrom erfasst und zerstäubt wird. Bei waagerechter Luftdüsenstellung ergibt sich ein senkrechter Breitstrahl, bei senkrechter Luftdüsenstellung ein waagerechter Breitstrahl und bei diagonaler Luftdüsenstellung ein Rundstrahl.

Verwendung: Wegen der relativ hohen Zerstäubung des Materials ergibt sich ein sehr feines Spritzbild. Daher findet das Hochdruckverfahren vor allem in der Fahrzeuglackierung seine Verwendung. Ansonsten ist sein Einsatz dort angebracht, wo qualitativ hohe Anforderungen an eine Lackierung gestellt werden, z. B. bei Möbeln, Türen, z. T. auch Wände und Decken, bei Kleinteilen, profilierten Flächen und Schildern usw.

Die Nachteile des Hochdruckspritzverfahrens liegen in der starken Farbnebelentwicklung während des Spritzens. Damit ist ein hoher Materialverlust, eine Belastung der Umwelt und ein aufwendiger Atemschutz verbunden. Darüber hinaus sind die Anlagen vergleichsweise wartungsintensiv und mit einem hohen Geräteaufwand verbunden, der die Mobilität und Flexibilität dieses Spritzverfahrens stark einschränkt.

Die Vorteile liegen aufgrund der feinen Zerstäubung in der sehr hohen Qualität der Oberfläche einer Lackapplikation, die so nicht mit anderen Spritzverfahren erzielt werden kann.

HVLP (High Volume Low Pressure) – Spritzverfahren

„High Volume Low Pressure“ bedeutet hohes Luftvolumen mit geringem Druck. Das HVLPSystem vereinigt so die positiven Eigenschaften des Niederdrucks mit denen des Hochdruckspritzverfahrens, d. h., geringer Farbnebel und eine feine Zerstäubung bedingen einen geringen Materialverlust, einen umweltfreundlichen Spritzvorgang sowie ein feines Spritzbild. Da der tatsächliche Luftdruck an der Luftdüse bei modernen HVLP-Spritzpistolen  0,7 bis 0,8 bar beträgt, wird das HVLP-Spritzverfahren dem Niederdruck zugeordnet. Tatsächlich ist aber die  HVLP-Spritzpistole von der des Hochdrucks abgeleitet: Der von einem Kompressor bzw. einem stationären Luftdrucksystem erzeugte Luftdruck gelangt mit einem Eingangsdruck von 2 bis 3 bar in den Pistolenkörper. Dort wird das Luftvolumen auf ein fein verzweigtes Luftkanalsystem verteilt, so dass der Druck beim Verlassen der Luftdüse erheblich reduziert wird. Daraus ergibt sich einerseits eine feine Zerstäubung für höchste Ansprüche an eine Lackierung, andererseits werden durch den geringen Druck der Farbnebelrückprall ein Abströmen der Materialpartikel erheblich reduziert. Dies hat eine Materialeinsparung von bis zu 30 % zur Folge.

Mit der Einführung der VOC-Richtlinien (Verordnung 1999/13/EG BlmSchVi) wird die Immission von flüchtigen organischen Verbindungen (=VOC= volatile organic compound), sprich Lösemitteln, für das Lackiererhandwerk beschränkt. Diese schreibt u.a. vor, dass Spritzpistolen entweder einen maximalen Luftdruck von 0,7 bar an der Luftdüse oder ein Erfüllungskriterium (CompliantCriterion) von 65% Materialübertragungsrate aufweisen müssen. Diese Kriterien werden von modernen HVLP-Pistolen oder sog. RP-Hochdruckpistolen (RP = reduced pressure, Luftausgangs-druck ca. 1,8 bar) erfüllt. Konventionelle Hochdruckspritzpistolen erfüllen diese Kriterien nicht und so darf man davon ausgehen, dass das Hochdruckspritzverfahren in einigen Jahren durch das HVLPSpritzverfahren abgelöst wird.

Höchstdruck-Spritzverfahren (Airless)

Das Airless- („luftlos“) oder Höchstdruck-Spritzverfahren ist ein luftloses Spritzverfahren, das mit einem Materialdruck von etwa 150 bis 300 bar funktioniert. Mit diesen Spritzgeräten ist es möglich, innerhalb kürzester Zeit sehr große Flächen zu beschichten. Da mit dieser Spritztechnologie umfangreiche Abdeckarbeiten verbunden sind und die Wartung der Geräte vergleichsweise aufwändig ist, lohnt sich ein wirtschaftlicher Einsatz einer Airlessanlage nur für große Flächen. Die Arbeitsleistung dieser Geräte ist im Vergleich zu den herkömmlichen Hoch- und Niederdruckspritzverfahren höher. Das Material wird durch Kolben- oder Membranpumpen unter hohem Druck durch einen speziell armierten Höchstdruckschlauch zur Pistole und durch eine Hartmetalldüse gedrückt, wo das Spritzgut durch den eigenen Materialdruck beim Verlassen der Pistole zerstäubt wird.

 

Membran-pumpen

In der Membranpumpe betätigt eine Exzenterwelle einen Kotben, der Hydraulik-ÖI in eine pulsierende Bewegung versetzt, was wiederum eine Membran in Bewegung bringt, die dann das Material verdichtet. Ein Druckregelventil regelt die Hydraulik-ölmenge und damit das Fördervolumen der Pumpe.

Kolben- pumpen

Der Druck wird hier durch eine Kolbenhubpumpe erzeugt. Die Kolben werden entweder durch Elektro- oder Benzinmotoren angetrieben oder aber durch starken Luftdruck mittels eines Kompressors in Bewegung versetzt. Dabei vervielfacht sich der Luftdruck als Materialdruck. Um ein Pulsieren bei der Applikation von Spritzmaterialien zu vermeiden, sind die Kolbenpumpen doppelhubig ausgelegt, so dass sie einen permanenten und konstanten Druck bei der Arbeit aufrechterhalten.

Airless- pistole

Der hohe Materialdruck beim Airless-Spritzverfahren sollte den Benutzer zur Vorsicht im Umgang vor allem mit der Airlesspistole mahnen. Daher ist eine Abzugssicherung (1), ein Schutzbügel (2) für den Abzugsbügel (3) und ein Fingerschutz (4) notwendig. Je nach Spritzmaterial ist ein mit einer Kennfarbe bezeichneter Filter (5) vorhanden, der das Material von Verunreinigungen befreit. Ablenkrillen in der Düse (6) legen den Spritzwinkel und damit die Strahlbreite fest. Die Bohrungen der Düse werden in Inch (Zoll) und mm angegeben.

Vorteile des Airless-Spritzverfahrens:
• Sehr hohe Arbeitsleistung
• Auch für hochviskose Materialien geeignet
• Vergleichsweise geringe Spritznebelbildung
• Hohe Schichtdicken, großes Deckvermögen, da eine Verdünnung des Spritzmaterials ent- fällt oder sehr gering ist

Nachteile des Airless-Spritzverfahrens:
• Aufwändige Abdeckarbeiten
• Geringere Qualität des Spritzbildes als bei Hochdruck- oder HVLP-Spritzverfahren
• Hohe Anschaffungskosten
• Vorwiegend für ebene, nicht für profilierte Flächen geeignet

Airmix-Spritzverfahren

Das Airmix-Spritzverfahren kombiniert das Höchstdruck-verfahren (siehe Airless/Höchstdruck) mit dem Druckluft-verfahren. Eine hydraulische Pumpe verdichtet das Material mit einem Druck zwischen 40 und 70 bar, welches wie beim Airlessverfahren über eine Hartmetalldüse vorzerstäubt wird. Durch Bohrungen an der Luftdüse wird dem vorzerstäubten Material ein zusätzlicher Luftdruck von 2 bis 4 bar hinzugegeben, was zu einer noch feineren Zerstäubung der Partikel führt. Das Airmix-Spritzverfahren findet Verwendung bei großen Flächen, wo Qualitätslackierungen gefordert sind. Die Vorteile liegen bei der nebelarmen und der gerade auf großen Flächen hohen Leistungsfähigkeit dieses Systems, was jedoch mit einem großen Geräteaufwand (Kompressor-anschluss usw.) verbunden ist. Dieses kombinierte Höchstdruck-Luftdruck-Spritzen wird unter den Bezeichnungen Airmix, Aircoat oder Spraymix im Handel geführt.

Elektrostatisches Spritzen

Bei diesem Applikationverfahren wird zwischen Spritzmaterial und zu beschichtendem Objekt ein elektrostatisches Feld aufgebaut. Dies geschieht, indem eine Gleichspannung bis zu 70000 Volt durch ein Steuergerät aufgebaut wird, wobei das Werkstück geerdet ist. Beim Verlassen der Anlage wird das Material negativ geladen. Es strebt dann entlang des elektrischen Feldes auf das gegenpolige Werkstück zu und lagert sich dort gleichmäßig ab. Das Objekt wird auch dann allseitig beschichtet, wenn von einer Seite aus gespritzt wird („elektrostatischer Umgriff“). Zudem gibt es aufgrund der gegenpoligen Anziehung kaum Spritznebel und Materialverlust. Dieses Verfahren wird mit dem Air-Coat-, dem Hochdruck- oder mit dem Airless-Spritzverfahren kombiniert angewendet.

Pulverbeschichtung

Die Pulverbeschichtung ist ein Prinzip, bei dem auf ein Werkstück (z. B. Heizkörper) mittels elektrischer Aufladung das Material (Bindemittel und Pigmentanteil) aufgesprüht wird, welches dann in einem Trockentunnel unter Wärmeeinwirkung zerfließt und so einen widerstandsfähigen Beschichtungsfilm erzeugt. Durch das elektrostatische Spritzverfahren gelangt das Pulver auf das vorgeheizte Werkstück. Lackpulver auf Acrylat-, Epoxid-, Polyester- oder Polyurethanharz gehen beim Einbrennprozess in einen duroplastischen, d. h. nicht mehr nachformbaren Zustand über. Da keine Lösemittel notwendig sind, wird das Material voll ausgenutzt. Die Abgase des Einbrennprozesses enthalten keine schädlichen Bestandteile und eine Läuferbildung ist bei diesem Applikationsverfahren

 

Bild: Dominik Pöpping  / pixelio.de

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